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Unabhängig Bleiben nach der Abstinenz: Die gefährliche Falle des Verzichtens

Aktualisiert: 13. Aug.

Ich sitze im Regionalzug von Altona nach Sylt. Langsam kriecht Freude in mir hoch – Vorfreude auf „mein Meer“, auf einen Tag mit Wind und Salzluft und endlosen Strandspaziergängen.


24 Stunden zuvor: Ich bin müde und unkonzentriert, nach einer wenig erholsamen Nacht. Baulärm aus dem sonst so idyllischen Grün der Vorgärten gegenüber. „Schwierige Momente“ die sich anstrengend anfühlen. Unbewusst probiere ich ein altes Muster: "Kontrolle und Durchhalten": Störungen wegdrücken und dranbleiben.


Kopfschmerzen, Kreislauf und eine latente Gereiztheit kommen dazu. Die mit jedem Versuch, das zu ignorieren und „sich zusammenzureißen“, größer wird.


Und prompt klopfen weitere alte Muster an. Eine vertraute Stimme in meinem Kopf flüstert: „

Na? Wieder mal zu früh gefreut? Warst Du mal wieder zu voreilig, zu anstrengend, zu euphorisch, zu „was auch immer“. Hast Du es wieder kaputt gemacht. Wieder alles falsch gemacht.“


Ja – solche Momente gibt es auch in einem unabhängigen, klaren und selbstbestimmten Leben. Aber es gibt einen gewaltigen Unterschied zu „früher“, als mein Leben noch von Abhängigkeiten, Sucht und Suche bestimmt wurde.


Alte Muster brechen – Warum „Durchhalten“ gefährlich sein kann


Früher hätte ich der Stimme geglaubt. Ich hätte versucht, "ihr" das Gegenteil zu beweisen. Jede Idee daran, statt zu kämpfen einfach mal zu entspannen, weit von mir gewiesen. In anderen Worten: Ich hätte auf alle Alternativen zum aktuellen Stress verzichtet, die sich nach "nicht durchhalten" angefühlt hätten. Mich weiter "durchgebissen". Notfalls mit Wutanfällen, Tränen und Drama. Hauptsache durchhalten.


Und dann: Hätte sich die Versuchung dazu gesellt und geflüstert „Hey … Du weißt doch, was Dich ganz schnell trösten kann. Mach es Dir doch nicht so schwer. Komm, trink was, dann sieht die Welt wieder ganz anders aus“.


Diese Geschichte ist nur eines von unzähligen Beispielen für die Illusion, dass Sucht kontrolliert werden kann, indem man sie bekämpft. Die Wahrheit ist, dass ständiges Kämpfen, der Verzicht auf Genuss und Freude und das Festhalten an Strategien, die aus der Vergangenheit stammen, kontraproduktiv für Freiheit sind: Sie bringen die alten "verbotenen Wünsche" (die vermeintliche Sicherheit, die sie in der Abhängigkeit gefunden hatten) mit und erhöhen so das Rückfall Risiko.


Unabhängig Bleiben nach der Abstinenz

Die Versuchung mich wieder zu betäuben, gibt es in meinem Leben schon lange nicht mehr. Die Stimmen, die mir von „Du bist zu …“ erzählen, die wird es vermutlich immer geben. Kein Wunder, hatten sie doch Jahrzehnte Zeit, sich gemütlich einzunisten.


ABER heute weiß ich, dass es Lügen sind.

Ich weiß, wo sie herkommen (und hingehören).

Ich weiß, dass nichts „schlimm“ oder „gefährlich“ an ihnen ist.

Ich weiß, dass die Angst, die sie auslösen, mir früher gedient hat – kein Grund, mir jetzt Vorwürfe zu machen.


Vor allem aber verfüge ich heute über Strategien, mit solchen emotionalen Auslösern anders umzugehen.


Und deshalb sitze ICH jetzt im Zug ans Meer. Mit der Angst – soll sie ruhig mitkommen und erleben, dass mir nichts Schlimmes geschehen ist oder wird.


Unabhängig Bleiben ist kein Kampf sondern eine Reise
Suchtcoaching - eine Reise in die Freiheit nach Alkoholabhängigkeit | Stella Siemsen

Bei Ihnen sind es andere Ängste und Muster. Aber sie machen genau so viel Angst. Und solange Sie sie wegdrücken, halten sie Sie in Ihrer Sucht und Suche fest.


Wenn Sie „der Harmonie willen“ so tun, als ob der Streit gestern Abend Sie nicht verletzt hätte. Und sich einreden, das sei Stärke „sich nicht so anzustellen“.


Wenn Sie in der Nacht schweißgebadet aus einem Traum hochschrecken und sich fühlen, als ob Sie wieder getrunken hättest. Und dann die Erinnerung wegdrücken und so tust, als ob Ihnen das keine Angst macht.



Wenn Sie sich „grundlos“ genervt fühlen. Und sich dafür dann niedermachen, sich Dinge sagen, die Sie zu einem anderen Menschen niemals sagen würde und all Ihre bisherigen Erfolge und Freude in Frage stellst.


Sie verkaufen sich das dann als „Durchhalten“. Aber in Wahrheit ist es die größte Falle für Ihre Unabhängigkeit. Und ein Türöffner für Rückfälle.


Und genau diese Hintertür zur Sucht werden wir in unserer gemeinsamen Arbeit für immer verschließen.


Nicht durch Disziplin, Zusammenreißen und Selbstkasteiung. Unabhängig Bleiben nach der Abstinenz benötigt etwas ganz anderes: Ihren liebevollen und wertschätzenden Blick auf Ihre Ängste, Ihre Bedürfnisse und alles, was Sie schon erreicht, überwunden und neu erschaffen haben. Und das ist unendlich viel.


Frei Bleiben ist eine langfristige Reise, die Verantwortung, Selbstbestimmung und eine tiefere innere Unabhängigkeit umfasst. Wir entwickeln gemeinsam IHR authentisches Lebens, das nicht von der Sucht und ihren Triggern bestimmt wird. Sie lernen, nach der Abstinenz mit den täglichen Herausforderungen umgehen, und warum es nicht nur um „Nicht-Trinken“ geht, sondern um eine neue Lebensqualität.



Mag sein, dass Sie das grade noch nicht sehen und glauben können. Das ist nicht schlimm. Ich sehe es und glaube das solange einfach schon mal für Sie mit.

Meine Energie dafür frische ich gleich schon mal in einer steifen Nordseebrise auf.


Und Ihr individuelles Energiereservoir, das entdecken wir dann gemeinsam.


Wie und wo? In meinen Räumen, die ihr Safe-Space dafür sind. Erfahren Sie mehr über mein Mentoring-Programm auf den Seiten "Stella Siemsen | Suchtcoaching" und "Unser Weg"


Suchtcoaching ist eine Reise in nachhaltige Veränderung
Suchtcoaching ist eine Reise in nachhaltige Unabhängigkeit

2 Kommentare


Mv Crash
Mv Crash
30. Okt.

Es ist faszinierend, wie oft die ersten Anzeichen für eine mögliche Abhängigkeit übersehen oder falsch interpretiert werden, gerade weil sie so subtil beginnen. Das macht es für Betroffene und Angehörige gleichermaßen schwierig, den richtigen Zeitpunkt für eine Intervention zu erkennen. Oftmals ist der Weg zur Erkenntnis ein langer. In diesem Kontext frage ich mich, welche Rolle niederschwellige, anonyme Selbsttests spielen könnten, um diese anfängliche Hürde zu überwinden und eine erste Orientierung zu bieten, bevor man professionelle Hilfe sucht. Gerade dafür kann ein einfacher, anonymer Sucht-Selbsttest eine wertvolle erste Anlaufstelle sein, um eine objektivere Einschätzung der eigenen Situation zu erhalten.

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ac ab
ac ab
20. Okt.

Ein wirklich ausgezeichneter Artikel, der komplexe Zusammenhänge sehr verständlich darstellt. Ein großes Lob an den Autor! Das hat mich daran erinnert, wie wichtig gute Werkzeuge sind, um komplexe Systeme zu meistern, sei es in der Technik, der Kunst oder der Musik. Die Musiktheorie kann anfangs sehr einschüchternd wirken. Eine Ressource, die mir dabei enorm geholfen hat, ist eine Seite, auf der der Quintenzirkel einfach erklärt wird. Es ist ein visuelles Tool, das viele "Aha"-Momente beschert.

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